Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, dass habt ihr mir getan (Mt. 25,31).
Zusammen mit dem Verein mehr Zukunft e.V. fuhren neun junge Erwachsene und ich über Ostern nach Rudnik/ Bulgarien um dort Menschen konkret zu helfen und Gottes Liebe weiter zu geben. Geplant war die Renovierung einer Pfingstgemeinde und eine Lebensmittelverteilaktion im Sinti- und Romadorf in Vresovo.
Nach einer langen Anreise kamen wir um 5:00 Uhr morgens in Rudnik an. Wir öffneten die Tür zur kleinen Kirche und standen mitten auf einer Großbaustelle. Überall lagen Werkzeuge und Baumaterialien herum, der Boden war von Staub bedeckt und es roch nach frischer Farbe. Hier würden wir also die nächsten neun Tage leben und arbeiten. Schnell machten wir Platz für 10 Matratzen und versuchten noch ein wenig Schlaf zu bekommen. Die nächsten Tage verbrachten wir auf der Baustelle und packten mit an, wo wir konnten. Gemeinsam mit vielen Helfern aus der Pfingstgemeinde und einigen älteren Mitarbeitern teilweise ebenfalls aus der EFG Aachen wurde die kleine Kirche runderneuert. Der komplette Gottesdienstsaal wurde gestrichen und die schiefen Decken mit Styroporplatten begradigt; der alte Holzofen, der in der Mitte des Gottesdienstsaals stand und für Rußschäden an der Decke sorgte, wurde durch eine neue Heizung ersetzt; die komplette Elektrik wurde erneuert, neue Sanitätanlagen installiert und die Küche komplett neu gestaltet. Auch im Außenbereich wurde einiges getan: ein neuer Zaun sorgt nun für eine freundliche und einladende Atmosphäre.
Neben dem Schlafen auf der Baustelle und den einfachen sanitären Rahmenbedingungen forderte uns vor allen Dingen die mangelnde Kommunikationsmöglichkeit mit den Bulgaren heraus. Eine Verständigung war hierbei oft nur mit Händen und Füßen möglich. Besonders interessant wurde dass, wenn phasenweise mehr als 25 Leute gleichzeitig in der Kirche arbeiteten. Während ein Team die Wand in der Küche strich, ein anderes die neue Arbeitsplatte montierte und den Stromanschluss verlegte, kochte das Küchenteam im gleichen Raum das Mittagessen. 😉 Dennoch kam die Arbeit gut voran und war das Miteinander gut. Am Ende jeden Arbeitstages wurde dann noch gemeinsam gegessen.
Besonderes Highlight für mich war der gemeinsame Gottesdienst. Am Ostersonntag (aufgrund des orthodoxen Kalenders allerdings ohne Osterfeier) feierten wir gemeinsam auf der Baustelle Gottesdienst. Der einfache und doch inbrünstige Lobpreis ging mir unter die Haut, die erlebte Gemeinschaft mit Brüdern und Schwestern im Abendmahl brauchte keine gemeinsame Sprache. Für mich war es ein besonderes Geschenk zu erleben, wir Gott Einheit schenkt und wir durch Christus miteinander verbunden sind.
Nach dem Gottesdienst fuhren wir dann in das ca. 80km entfernt gelegenes Sinti- und Romadorf Vresovo, um dort Lebensmittel zu verteilen. Am Tag zuvor hatten wir Lebensmittelpakete gepackt. Jedes Paket enthielt Grundnahrungsmittel für 10,00 €, mit denen eine 5köpfige Familie ca. 1 Monat lang leben kann.
Bereits am Dorfeingang wurden wir begeistert in Empfang genommen. Ein ortsansässiger Pastor ging mit uns durch das Dorf und koordinierte die Verteilung der Lebensmittel. Schnell waren wir umringt von einer großen Schar Kinder. Wie selbstverständlich suchten sie unsere Nähe, wollten beim Tragen der Tüten helfen und kleine Spiele mit uns spielen. Wer in Deutschland aufgewachsen ist, kann sich nicht wirklich vorstellen, wie in diesem Dorf gewohnt wird. Teilweise wohnen 10-15 Personen aus 2-3 Familien in einem „Lehmhaus“, das aus einem einzigen Zimmer besteht und oft nicht einmal 30qm groß ist. In diesem Raum wird gegessen, geschlafen und gelebt. Außerhalb der Häuser liegt überall Müll herum, befestigte Straßen sucht man vergeblich.
Anschließend ging es in das ca. 40km entfernte Dorf Sungulare, wo vor einem Jahr von mehr Zukunft e.V. eine Containerkirche errichtet worden war. In diesem Containern feierten ca. 50 Personen einen lebendigen Gottesdienst. Mich hat sehr berührt, wie wenig es braucht, um lebendige „Kirche“ zu sein.
Ich bin Gott sehr dankbar bei diesem Einsatz dabei gewesen zu sein. Neben der tätigen Weitergabe von Gottes Liebe und dem gemeinsamen Arbeiten nehme ich viele Eindrücke und Fragen mit nach Hause, die mich noch weit über den Einsatz hinaus beschäftigen werden. Den neun jungen Erwachsenen geht es ähnlich wie mir.
Wer sieht, unter welchen Bedingungen andere Menschen in Europa leben, wird dankbar für das, was er von Gott geschenkt bekommen hat. Die tiefe Dankbarkeit und Freude der Menschen in Bulgarien für die Hilfe bei der Renovierung der Kirche und für das Verschenken der Lebensmittel hat mich ebenfalls bewegt.
Aber auch manche nachdenkliche Frage nehme ich mit nach Hause, z.B. die Frage, mit welcher Brille ich die Welt betrachte und ob an meinem/ am europäischen Blick auf die Welt tatsächlich die Welt genesen kann? Empfindet sich jemand, der im Sinti-und-Roma-Dorf Vresovo wohnt, selbst als arm und bedarf meiner Hilfe um „besser“ zu leben? Könnte ich nicht ebenso etwas bei Ihnen übers Leben lernen, würde ich mich darauf einlassen? […]
Ein Stück Bulgarien habe ich eben mit nach Hause genommen und wird noch eine längere Zeit meine Gedanken bestimmen.
Jugendreferent Samuel Falk